Berichte von 02/2017

ein schneller Februar

28Feb2017

Hallo Leute!

Huch? Drei Wochen schon wieder seit dem letzten Eintrag? Ich weiß ja nicht wie es für euch im Moment ist, aber ich habe aktuell das Gefühl dass die Zeit wahnsinnig schnell rennt. Das hat wahrscheinlich zweierlei Gründe. Einerseits da ich viel zu tun habe und viel unternehme, andererseits weil auch langsam ein Ende meiner Zeit hier in Aussicht steht. Aber dazu später mehr.

Wie gesagt, die letzten zwei Wochen waren von vielen interessanten Erlebnissen geprägt, die ich natürlich teilen möchte. Einerseits habe ich mir mit meinen deutschen Mitstreitern einige Sehenswürdigkeiten in und um Isfahan angeschaut.

So waren wir letzte Woche zum Beispiel bei den schwingenden Minaretten. Diese sind Teil einer ehemaligen Moschee und jetzigem Mausoleum von Amu Abdollah Soqla. Warum schwingende Minarette? Durch die Bauweise des Daches und der kleinen Minarette wird ein Minarett durch das andere beeinflusst. Das heißt: Gerät eins der Minarette in Bewegung und fängt an zu schwingen, wird diese Schwingung durch die Dachkonstruktion übertragen und das andere fängt automatisch mit an zu schwingen. Zumindest heutzutage ist das allerdings kein natürlicher Prozess mehr. D.h. man zahlt eine Eintrittsgebühr, und alle anderthalb Stunden wackelt ein Mann mit Menschenkraft an einem der Minarette. Was hier im Iran eine Attraktion ist, wäre in Deutschland wahrscheinlich aufgrund wohlmöglicher Baufälligkeit geschlossen. Zumindest sah das starke Wackeln am Minarett ein wenig bedrohlich aus, aber der Zweck wurde erfüllt und das zweite Minarett fing wie von Geisterhand an mitzuschwingen und kleine Glöckchen verdeutlichten den Effekt.

Das Mausoleum mit den Minaretten das Wackel-Minarett


Als nächstes ging es zu einem alten Feuertempel, der etwas außerhalb von Isfahan stand. Dieser befindet sich auch einem ca 50-60 Meter hohen Hügel. Neben dem stillgelegten Feuertempel, der frisch renoviert war, befanden sich auch einige andere Gebäuderuinen, denen jedoch keine Aufmerksamkeit gewidmet wurde. Ganz lustig war, dass an diesem Tag in Isfahan ein strammes Lüftchen geweht hat und somit sowohl meine Frisur als auch die meiner deutschen Begleiterinnen ordentlich durchgepustet war. An ein Kopftuch für die Mädels war garnicht zu denken, der Wind erlaubte es nicht, dieser Bekleidungsvorschrift folge zu leisten.

der Feuertempel Der Blick auf Isfahan

Letzte Woche ist außerdem eine Gruppe von 16 JapanerInnen hier angekommen. Sie lernen für zwei Wochen Persisch und reisen dann noch eine Woche durch den Iran. Nebenbei schauen sie sich schon immer ein wenig Isfahan an. Diesen Mittwoch wurde vom International Office eine Tour angeboten, bei der wir anderen ebenfalls mitfahren durften. Es ging also zum Chehel Sotoon Palast, dem 40 Säulenpalast. Nun, im Moment hatte er leider nur 20 Säulen. Diese stützen das große Vordach des Palastes. Die anderen 20 Säulen existieren eigentlich garnicht, bzw. sie existieren nur wenn sich in dem 110 Meter langen Wasserbassain vor dem Palast auch tatsächlich Wasser befindet. Denn dann spiegeln sich die 20 Säulen im Wasser und der Palast wird zum 40 Säulen Palast. Dieser wurde von Shah Abbas I. in Auftrag gegeben, aber erst unter seinem Nachfolger Shah Abbas II. fertig gestellt und als Empfangsresidenz für Gesandte und ausländische Vertreter genutzt. Sein Inneres ist geziert von zahlreichen Gemälden, die den Shah bei veschiedenen Empfängen zeigen. Weiterhin werden auch Schlachten thematisiert, unter anderem die Schlacht von Tschaldiran, bei der die Safawiden eine verheerende Niederlage gegenüber den Osmanen einstecken mussten, da die Osmanen bereits mit Schusswaffen und Artillerie kämpfte, Ismael I. sich jedoch gegen diese Art moderner Waffen aussprach.

der Chehel Soton Palast (hier allerdings Bist Soton ;) )   Die Schlacht bei Tschaldiran - in der Mitte auf dem weißen Pferd ist Ismael I.Der Palast von hinten - hier mit Spiegelung ;)Ein Bild was aus der Reihe tanzt: Die Kuppel der Imam-Moschee

Das Highlight der letzten zwei Wochen war jedoch die Wüstentour, welche seid Wochen geplant und ebensolange davon gesprochen wurde. Nun, genau genommen war die Tour in die Wüste nur ein Aspekt dieses Tages. Zuerst besichtigten wir auf dem Hinweg einen Kuhbrunnnen. Was mag das sein? Es handelt sich dabei um einen einfachen Brunnen. Jedoch wird das Wasser aus diesem Brunnen nicht per Hand geschöpft, sondern per Kuh, beziehungsweise per Ochse. Dieser befördert durch seinen Laufweg und angetrieben durch den Gesang seines Halters Wasser an die Oberfläche, welches sich sogleich durch einen interessanten Mechanismus außerhalb des Brunnens ergießt, in Rinnen fließt und so die umgebenen Felder bewässert. Tatsächlich hörte der Ochse nur auf seinen Halter. IranerInnen, welche versuchten den Ochsen durch ihren Gesang zum Arbeiten zu bewegen, wurden von ebendiesem mit einem gelangweilten Blick in ihre Schranken gewiesen.

das Arbeitstier und sein Werk Seeelfie

Anschließend ging es weiter nach Varzaneh (da waren wir schon als wir bei der Demo waren) Dort konnte man auf dem bisschen Wasser, welches der Zayanderud noch führte, Speedboot fahren. Für einen Euro ließen wir uns das nicht nehmen. Anschließend ging es nach einem kräftigenden Mittagessen weiter außerhalb der Stadt.  Dort gab es eine „Wüstenvergnügungsanlage“ Man konnte auf die bis zu 100 Meter hohen Dünen laufen, man konnte Kamel reiten, mit einer Seilbahn von Düne zu Düne fliegen, mit 4x4 Jeeps querfeldein durch die Wüste preschen (das haben wir gemacht – sehr lustig, wohlmöglich eine iranische Art von Achterbahn ;) ), es gab ein Teehaus und Grillplätze, einen Virtual-Reality-Stand und noch einiges mehr. Zugegeben: Es war ganz anders als in meiner Vorstellung von der Tour, da ich ich dachte, dass wir mitten ins Nichts fahren, mit weit und breit keinem Menschen um uns herum. Nun so war es nicht, aber das war auch nicht das einzig unerwartete.

Speedboot fahren, da flattert der Chador man kann 4x4 fahren ... ... oder die Kulisse für ein Fotoshooting nutzen ... oder man kann auch ........   unser Bus, zum Glück hielt der Name nicht was er verspricht Bandfoto

Wir fuhren um 8.30 Uhr mit einem Bus los, hauptsächlich junge Menschen waren an Bord. Wir fuhren 20 Minuten bis wir aus der Stadt heraus waren, und plötzlich hieß es: Vorhänge zu! Gesagt, getan. Auf einmal wurde die Musik aufgedreht und als gleich standen die ersten Leute auf und tanzten. Die Kopftücher waren auf einmal nicht mehr wichtig und keine Frau störte sich an ihrem runtergerutschten Kopftuch. Die persische Musik dröhnte kräftig und die Leute tanzen auf einem sehr wackligen Dancefloor – denn wohlbemerkt fuhr der Bus die ganze Zeit. Doch das störte niemanden, und so tanzte und feierte man eine Stunde, selbstverständlich ohne Alkohol, bis wir anhielten um zu Frühstücken. Die Rückfahrt war ebenfalls ein Abenteuer, denn während wir bei der Hinfahrt verschiedene Stops gemacht haben, um zu essen bzw. den Kuhbrunnen anzuschauen, sind wir die Rückfahrt 2,5 Stunden lang durchgefahren und haben dementsprechen durchgetanzt. Selbstverständlich gab es, sobald es dunkel war, Partybeleuchtung und Blitzlicht, wie in einem typischen Club, nur eben auf Rädern. Die Videos und Bilder halte ich derweil unter Verschluss bis ich zurück komme. 😉

Wie ich schon geschrieben habe, sind die letzten Wochen sehr erlebnisreich gewesen und auch die nächsten Wochen sind vielversprechend. Nächste Woche werden wir vielleicht nach Kerman fahren, dieses Wochenende steht ein Skitrip zur Debatte. Und dadurch dass man soviel unternimmt, habe ich, wie bereits geschrieben, das Gefühl, dass die Zeit nur so rennt. Und durch diese rennende Zeit kommt auch meine Ende hier näher. Denn ich habe nach einigem Überlegen beschlossen, meine Zeit hier abzukürzen und zwei Monate eher nach Hause zu kommen. Daher werde ich bereits am 10. Mai nach Deutschland fliegen. So bleiben mir jetzt noch 10 Wochen. Diese werde ich intensiv nutzen – hoffentlich auch zum Lernen, nicht nur zum Reisen. 😛

Zu Gast auf einer Demonstration im Iran

07Feb2017

Hallo,

Für Freitag wurde ich zu einem Ausflug eingeladen. Nachdem zunächst von einem „Festival“ verschiedener, isfahaner Naturschutzgruppen gesprochen wurde, stellte sich jedoch heraus, dass es ein gemeinsamer Ausflug zum "Welttag der Feuchtgebiete“ war, der jährlich am 2. Februar begangen wird. Hintergrund dieses Tages ist die Ramsar-Vereinbarung (Übereinkommen über Feuchtgebiete, insbesondere als Lebensraum für Wasser- und Watvögel, von internationaler Bedeutung) Dieses Abkommen wurde 1971 in Ramsar im Norden Irans abgeschlossen und stellt eines der ältesten Abkommen zum Klimaschutz dar. Ziel dieses Tages ist „die Verbesserung der öffentlichen Wahrnehmung des Wertes und der Vorzüge von Feuchtgebieten“. Über die Wasserproblematik des Irans ist ja einiges bekannt, als interessanten Einstiegsartikel möchte ich hier auf einen ZEIT Online Artikel verweisen

Martin Gehlen - "Ein Desaster von Menschenhand“ (http://www.zeit.de/politik/ausland/2016-10/iran-wasserkrise-verschwendung-raubbau-klimawandel-existenzaengste/komplettansicht)

Diese Wasserproblematik betrifft natürlich auch Isfahan, wie man an dem ausgetrockneten Zayanderud erkennen kann. Die natürliche Länge des Zayanderud beträgt etwa 405km von der Quelle bis zum Mündungsgebiet in der Wüste. Doch schon weit vor Isfahan wird dem Fluss durch Stauung und Abzweigung soviel Wasser entzogen, dass er die meiste Zeit im Jahr vertrocknet ist. Davon ist auch der Gavkhuni-Sumpf betroffen, der das Mündungsgebiet des Zayanderuds darstellt. Dieser Sumpf wurde 1975 in die Liste der Ramsargebiete aufgenommen. Doch durch das versiegen des Flusses liegt auch der Sumpf die meiste Zeit im Jahr trocken. Soviel zur thematischen Einführung … Zurück zum Freitag: Ich erhielt also von einem meiner Deutschschüler die Einladung, an einem Ausflug von der ältesten Naturschutzgruppe Isfahans teilzunehmen. Damit ich mich nicht zu einsam fühle, habe ich gleich mal Samira und Moritz, zwei neue deutsche Persischlernende, die letzte Woche hier angekommen sind, eingeladen mich zu begleiten.

So ging drei junge Deutsche in einer iranischen Gruppe eher gehobenen Alters früh los. Dabei war der Beginn des Tages leider nicht so gut, da wir einen falschen Bus nahmen und ich in der Hektik mein Handy verloren habe, was jedoch gefunden wurde, in der Universität abgegeben wurde und ich mittlerweile wiederbekommen habe. Nachdem wir uns also mit der Gruppe getroffen haben ging es mit ein paar Zwischenstationen, unteranderem an einer Moschee aus dem Jahre 1134 mit einem schön gestalteten, seldschukischen Stuckmighrab und einem 34m hohen Ziegelminarett aus dem Jahre 1098.

Die Moschee in Barsian Die Kuppel der Moschee Der Stuckmighrab

Nach zwei Stunden, in denen jedem von jedem (außer den unvorbereiteten Deutschen) allerhand Süßigkeiten, Obst und Snacks angeboten wurden erreichten wir schließlich den Gavkhuni-Sumpf am Fuße des Kuh-e Siah, dem schwarzen Berg. Dieser ist ein erloschener Vulkan, was das schwarze Vulkangestein erklärt, welches rund um den Berg zu finden ist. Als unser Bus den Treffpunkt erreichte, waren bereits fünf andere Busse und allerhand Menschen vor Ort.

Der Gavkhuni-Sumpf Interessanter Fakt: Die Frauen aus Varzaneh tragen traditionell einen weißen Tschador, so wie ihr auf diesem Bild sehen könnt. Dies geht wahrscheinlich auf eine Zeit sogar vor dem Islam zurück...     

Bereits auf dem Weg dahin wurde angekündigt, dass es sich nicht nur um einen Ausflug zum Anlass des Welttages der Feuchtgebiete handelte, sondern auch eine Demonstration bzw. Kundgebung geplant war. Zu diesem Zweck da waren allerhand Umweltschutzgruppen aus Isfahan und Bewohner von Städten und Dörfern, die flussabwärts des Zayanderuds liegen. Weiterhin gab es viele private Fotografen und ein Filmteam und sogar einen Drohnenpiloten. Es wurden Banner gehalten und Aufsteller platziert. Der Prozess der Demonstration bzw. der Kundgebung selbst war jedoch ziemlich kurz. Wir Teilnehmer wurden angehalten, uns an den Händen zu halten, diese sporadisch in die Luft zu halten und auch 3, 4 Parolen wurden gerufen während die Drohne über unsere Köpfe sauste und die Fotografen umherschwirrten und Fotos von der Menschenkette machte. Ich schätze die Anzahl der Teilnehmer auf ca 150-200 Leute aller Altersgruppen. Belustigenderweise hat der Prozess die Menschenkette zu bilden länger gedauert als die Kundgebung selbst, denn diese war nach 5 Minuten schon wieder vorbei. Anschließend gab es einiges hin und her, ob man die 500m zum Sumpf läuft um dort eine weitere Kundgebung zu machen oder ob man auf dem Schwarzen Berg eine weitere Kundgebung macht. Trotz der sehr niedrigen Temperaturen wählte man den Sumpf, und so liefen wir die 500 Meter zum Wasser, das einst ein Salzsee mit einer durchschnittlichen Tiefe von einem Meter war. Jetzt allerdings war es eher eine große Pfütze, und ich hatte mit meinen knöchelhohen Wanderschuhen kein wirkliches Problem … zumindest bis zu den Bereichen in die ich gegangen bin. 

Am Wasser wurden in guter iranscher Tradition nochmal viele Bilder und Selfies geschossen. Danach ging es jedoch schnell wieder in die Busse, da die Kälte doch sehr ungemütlich war. Anschließend ging es zurück nach Varzaneh, wo wir ein sättigendes Mittagessen bekamen. Anschließend gab es noch eine Vortrag, den ließen wir jedoch ausfallen um in den mittlerweile hervorgekommenden Sonnenstrahlen bei einem leckeren, heißen Tee neue Kraft zu tanken.

In Varzaneh

Anschließend ging es mit einem Abstecher wieder zurück nach Isfahan, und die Rückfahrt wurde mit einem kleinen Wettbewerb ausgeschmückt. Gefordert war ein kurzes aber prägnantes Statement, warum der Zayanderud wichtig ist. Gewonnen haben diese beiden  Und auch hier gingen wieder regelmäßig Leute durch den Bus und boten einander Süßigkeiten, Obst und Snacks an. Und so waren die meistgesagtesten Wörter des Tages definitiv Befarmoiin (Bitte sehr) und Dast-etun dard nakoneh (Möge Ihrer Hand kein Schmerz widerfahren = danke). Und auf der Rückfahrt ging es vorbei an Feldern und man sah einige Bauern wie sie ihr Land bewässerten. Und obwohl mir diese verschwenderische Art der Bewässerung hier nicht zum ersten Mal begegnet, lasst es mir doch den Mund aufklappen. Aus riesigen Ventilen strömt kubikmeterweise Wasser auf die Felder, bis diese regelrecht überschwemmt sind. Auf meine Frage, was den in der Gegend so für landwirtschaftliche Produkte angebaut werden, wurden mir Gurken und Melonen genannt. Gerade letztere haben nicht gerade einen niedrigen Wasserbedarf. Und so realisiert man, dass es nicht nur ein politisches Problem ist, sondern auch ein mentales. So lange das Wasser aus dem Hahn schießt wenn man ihn öffnet, wird sich kaum ein Bewusstsein hin zu einem sparsameren und effizienteren Wasserverbrauch entwickeln...

An uns Deutsche wurde von den Organisatoren eine Bitte herangetragen. Unter https://www.change.org/p/zayanderood-calls-me findet ihr eine Petion, die zugunsten des Zayanderuds an die Vereinten Nationen gerichtet ist. Ich würde mich freuen, wenn ihr diese Petition unteschreiben würdet. Der Fluss und die Bewohner, die ihn zum Leben brauchen, würden euch danken.

Und was ist noch so neu?
Ich habe jetzt endlich angefangen, hier auch Vorlesungen zu besuchen. Seit fast zwei Wochen besuche ich das Literature Department  und belege dort 4 Hybride aus Vorlesung und Seminar in islamischer Geschichte. Selbstverständlich ist alles auf Persisch, doch überraschenderweise verstehe ich mehr als ich anfangs befürchtet hatte. Hybride schreibe ich, da es eine Mischung aus beidem ist, und völlig anders als in Deutschland. Der Professor wird während seinen Ausführungen nämlich meistens unterbrochen und es werden Fragen gestellt, und diese Fragen werden vom Professor mit Antworten unterbrochen und diese Antworten werden mit weiteren Fragen unterbrochen. Und wenn er dann mal nicht unterbrochen wird, dann werden auch von ihm Fragen an uns Studenten gestellt, die ich zwar meistens verstehe, aber selten fähig bin, eine Antwort zu geben. Die Athmosphäre ist übrigens ähnlich der in Deutschland. Obwohl der Islam Staatsreligion im Iran ist, ist islamische Geschichte selbst anscheinend ein Fach für Exoten, denn die Teilnehmeranzahl ist mit 5 Leuten sehr überschaubar. 😀 Ich bin auf jeden Fall gespannt auf die nächsten Sitzungen, in denen auch ich (wider meiner Hoffnungen) gefordert sein werde, unter anderem durch die Ausarbeitung eines Referates (ich denke, dass das jedoch noch eine einfachere Studienleistung sein wird).

Kashan

04Feb2017

Hallo Leute,

In Kashan, im Hintergrund das Karkas Gebirge

Wie bereits erwähnt hatte ich das erste Mal seit langer Zeit mal wieder ein Wochenende, an dem ich zwei Tage frei hatte. Dies wollte ich eigentlich für einen Skiausflug nutzen. Ich habe mich dann jedoch umentschieden und anstelle dessen am Mittwoch und Donnerstag einen Kurztrip mit Babak nach Kashan gemacht.

Kashan liegt weniger als drei Stunden von Isfahan entfernt und hat etwa 280.000 Einwohner. Die erste Besiedelung in diesem Gebiet kann aufgrund archäologischer Funde auf etwa 6000 v. Chr. datiert werden, Kashan als Stadt selbst wurde vermutlich zur Zeit der Sassaniden gegründet. Wirtschaftlich spielten zunächst die Fliesenproduktion (Ú©Ű§ŰŽÛŒ  - kāšÄ« – Fliese). Später entwickelte sich die Stadt zu einem Zentrum der Textilindustrie und der Rosenwasserproduktion, was es bis heute noch ist. Kashan liegt am Rande der Wüste Dasht-e Kavir, und so ist das historische Stadtbild von Windfängern und Lehmarchitektur geprägt.


Doch eh man überhaupt in die kleine, aber interessante Stadt kommt, muss man erstmal dahin fahren. Und schon das hat sich als ein eigenes (langweiliges) Abenteuer herausgestellt, auf das ich gerne verzichtet hätte. In der Überzeugung, dass es auch von dem, meinem Apartment nahegelegenden, südlichen Busbahnhof Verbindungen nach Kashan gibt, mussten wir dort angekommen eines besseren belehrt werden. Zwar gibt es Verbindungen nach Teheran, die direkt an Kashan vorbeifahren. Planmäßige Stops gibt es jedoch nicht. Und so wollte eine freundliche Busgesellschaft uns ein Ticket zum Vollpreis nach Teheran verkaufen, um uns in der Nähe von Kashan an der Autobahn auszusetzen. Da dieser Deal in jeglicher Hinsicht ein Schuss ins Knie gewesen wäre, lehnten wir halb belustigt, halb erzürnt ab und gingen zur nächsten Gesellschaft, welche uns ebenfalls dieses zweifelhafte Angebot machte. Und so dämmerte mir, was mir ein Angestellter später auch sagte: Wir muss in den Norden Isfahans um vom dortigen Busbahnhof abzufahren. Aufgrund der noch nicht fertiggestellten U-Bahn stellen sich mir immer die Nackenhaare zu Berge wenn ich mit dem Bus einmal durch die ganze Stadt fahren soll. Doch um zu vermeiden, mal wieder wie ein nichtgewolltes Tier an der Autobahn ausgesetzt zu werden, mussten wir diese Busfahrt wohl oder übel auf uns nehmen. Und so fuhren wir wie erwähnt vom südlichsten Punkt der Linie 91 bis fast zur Endhaltestelle, und eine Stunde später erreichten wir somit den nördlichen Busbahnhof. Dort angekommen, fand man schnell die einzige Busgesellschaft, welche Direktfahrten nach Kashan anbietet. Dort angekommen fragte ich, wann denn der nächst mögliche Bus führe. Leider nehmen es Iraner manchmal nichts so genau mit der Wahrheit, insbesondere dann, wenn es darum geht, etwas zu verkaufen. Zumindest Bustickets. Denn nachdem mir freundlich gesagt wurde, dass der nächste Bus um 16.00 Uhr führe (was mich schon nervte, da dies eine Stunde warten bedeutete), stellten wir nachdem wir das Ticket gekauft hatten fest, dass dieses Ticket auf eine Verbindung um 16.30 Uhr ausgestellt ist. Also fragte ich nochmal nach, und mir wurde gesagt, dass der Bus um 16.00 Uhr schon voll sei. Auf meine Frage, warum mir denn dann die Verbindung um 16.00 Uhr genannt wurde wenn diese schon voll sei, wurde nur gelächelt. Mir scheint, man hatte wohl Probleme, mein Persisch zu verstehen….

Nach langwierigen 1,5 Stunden und fast 3 Stunden im Bus erreichten wir also Kashan. Und trotz dass ich mir vorgenommen hatte, extra früh zu fahren um am gleichen Tag noch etwas zu sehen, war es bereits Dunkel als wir angekommen sind und vieles war geschlossen. Also hatte die Hostel Suche Priorität, und nachdem ein Bett in einem Dorm gefunden ward, ging es nochmal durch die leeren Gassen des Basares und Kashans selbst.

der leeren Gassen des Basares bei Nacht Die Aqa Bozorg Moschee Kuppelverzierung


Die Ambition, das Hostel früh um Acht zu verlassen um die Zeit maximal zu nutzen, wurde durch den Fakt, dass viele der Sehenswürdigkeiten erst um 9.00 Uhr aufmachen, getrübt. Also schlenderte man durch die Straßen, machte ein paar Schnappschüsse und wartete. Als erste Station wurde das Hamam-e Soltan Mir Ahmad besichtigt. Dieses wurde vor 400 Jahren errichtet und besitzt eine prächtige Innenausstattung mit faszinierenden Wandbemalungen und Verzierungen.

der Eingang des Hamams  im Hamam im Hamam Das Dach des Hamams

Als nächstes ging es zu einem der vielen traditionellen Bürgerhäuser Kashans. Deren Geschichte ist folgende: Durch den erwähnten Teppichhandel in Kashan gelang es einigen Kaufleuten zu sehr großem Reichtum zu kommen. Diesen Reichtum zeigten sie in dem Bau riesiger Häuser, welche von Außen zwar unscheinbar aussehen, von Innen jedoch ein hohes Maß an Prunk offenbaren. Die meisten wurden während des 19. Jahrhunderts erbaut. Wahrscheinlich gab es durch ein Erdbeben, welches Kashan im Jahre 1778 fast komplett zerstörte, viel Platz zum Bauen. Heraus kamen Häuser mit einem oder mehreren Höfen, großen Säalen, hohen Kuppeln und zahlreichen kleineren Zimmern mit verschiedensten Verzierungen. Auch schon damals wollte man zeigen, was man hatte.

Einer der Höfe des Borujerdi-Hauses Verzierungen im Haus

Die nächste Station lag 8km außerhalb von Kashan: Der Garten Fin. An dessen Stelle soll es bereuts vor 6000 Jahren eine Art Gartenanlage gegeben haben. Somit zählt es zu einer der ältesten Gartenanlagen des Iran. Nachdem sie bereits von im 16. Jahrhundert als Ort für Empfänge genutzt wurde, wurde die Anlage im 17. Jahrhundert von Shah Abbas I. zu ihrer heutigen Form erweitert. Das Innere der Gartenanlage zieren hohe Zypressen, zahlreiche Sträucher und Blumenbeete. Weiterhin gibt es die typischen Wasserläufe und –bassains, die ihr Wasser durch einen traditionellen Qanat beziehen. In die Geschichte ging der Ort ein, nachdem in dem Hamam an der Westseite der damalige Premierminister Amir Kabir 1852 ermordet wurde. Anschließend lag er brach und wurde öfters zerstört. Seit 1935 steht er unter Denkmalschutz und 2011 wurde zur UNESCO Weltkulturerbe Liste hinzugefügt.

Der Garten Fin Baumsicherungsmaßnahmen auf Iranisch Palast im Garten Kuppelverzierung I ... und 2...  

Nach einem kräftigenden Mittagessen sollte es eigentlich über den Basar gehen, der ebenfalls zu den Highlights von Kashan gehört. Leider war die Zeit nicht sehr gut, da vor meinen Augen alle Geschäfte zu machten.  Persische Siesta halt. Also schlenderten wir über den verlassenen Basar mit seinen vielen Nebengassen und Innenhöfen mit imposanten Kuppeln.

der leere Basar  


Leider spielte das Wetter nicht so ganz mit. Es war eisig kalt in Kashan und zur Mittagszeit setzte dann kräftiger Schneefall ein, vor dem wir im Basar zwar entfliehen konnten, später aber noch immer leicht vorhanden war. Also disponierten wir um und entschieden uns, einen Bus früher nach Isfahan zurück zukehren, da wir auf dieses kalte Wetter kleidungstechnisch leider nicht sehr gut vorbereitet waren. Aber ich werde im April wieder nach Kashan fahren, und dann wird das Wetter hoffentlich wärmer sein. 

Schneefall in KashanAlles Weiß

Und noch zum Schluss:

Ich habe ja am Anfang geschrieben, dass die Propaganda nichts so allgegenwärtig ist wie man vielleicht meint. Aber sporadisch kommt sie dann doch hervor und präsentiert so etwas:

Und noch ein ein paar Kleidungshinweise ...

Das erste bedeutet übersetzt: Der Hijab ist Immunität, keine Einschränkung. Interessanterweise wird im ersten Bild neben dem Hijab (Kopftuch) auch ein Tschador getragen, ein großes, meist dunkles Stück Stoff was dazu dient, den Körper mit Ausnahme des Gesichtes zu verhüllen. Was man darüber denkt, kann nun jeder selbst überlegen. ;)