Auf den Spuren christlichen und jüdischen Lebens...

27Okt2016

Smog über Isfahan

Salām,

heute ist Freitag. Das bedeutet für mich, dass sich mein Wochenende nun wieder dem Ende neigt. Laut einer Volkszählung aus dem Jahr 2011 bekennen sich 99,4% der Iraner zum Islam.nZiel meines Wochenendes war es, die restlichen 0,6% kennen zu lernen und das religiöse Isfahan abseits des Islams zu erkunden.

Daher ging es am Donnerstag zusammen mit Bobak zunächst nach Julfa. So ist der Name eines Stadtteils von Isfahan, in dem mehrheitlich Armenische Christen leben. Diese wurden vom Safawidischen Herrscher Shah Abbas I. anfang des 17. Jh. Angesiedelt. Somit erreichte er unter anderem, dass sich die internationalen Handesbeziehungen durch Verbindungen der Armenier verbesserten. Kurz nach der Ankunft der ersten Armenier um 1604 begannen diese alsbald, die erste Kirche zubauen, welche nach einigen Jahren aber zugunsten einer größeren Kirche abgerissen wurde. So wurde 1664 die Vank-Kathedrale fertiggestellt. Diese war eins unserer Ziele in Julfa.

Die Vank-Kathedrale ist in Bezug auf ihre Architektur insofern besonders, da sie Armenische, Europäische und Persische Architekturmerkmale verbindet. Das Innere der Kirche ist mit zahlreichen Bibelillustrationen bemalt, während der untere Teil der Kirche mit farbvollen Fliesen dekoriert ist. Die Kirche ist dabei nur ein Teil des Geländes, auf dem sie steht. Man findet außerdem noch den Glockenturm, der Abseits der Kirche steht, und ein Museum, welches die Geschichte der Armenier in Julfa erklärt. Weiterhin wird auch der Völkermord an den Armeniern thematisiert.

Vank Kathedrale

Weiter ging es zur Bethlehemkirche, die ebenfalls im Innern prachtvoll dekoriert und bemalt ist, jedoch schon ein Bisschen von ihrem Glanz verloren hat. Man merkt, dass die Vank-Kathedrale wesentlich höher von Touristen frequentiert ist.

Bethlehem-Kirche Eine Seefahrt die ist ... für Jesus ziemlich einschläfernd...

Nachdem wir in einer Bäckerei für 10 Cent ein riesiges, fladenbrotartiges … Brot gekauft haben,  machten wir mit diesem Proviant einen kleinen Abstecher zum Rajayi-Park. In der Mitte dieses großen Parkes findet man den Hasht-Behesht-Palast, welcher ebenfalls um 1660 errichtet wurde. Europäische Reisende beschrieben diesen einst als den schönsten Palast Isfahans. Sein Inneres wurde jedoch Ende des 19., Anfang des 20. Jh. durch einen Gouverneur (Zel al-Soltan), der zu dieser Zeit in dem Palast residierte, stark in Mitleidenschaft gezogen.

Hasht-Beshet-Palast   so grüüün.

Nun da der christliche Teil Isfahans erkundet war, wollte ich mich auf die Spur jüdischen Lebens in Isfahan machen. Ich hatte mit Allan bereist den Versuch gestartet, das jüdische Viertel Jubareh zu erkunden. Unser erster Versuch stellte sich jedoch als nicht sonderlich erfolgreich heraus, da wir zwar in einem sehr alten Stadtteil Isfahans angekommen waren, wir jedoch keinerlei Spuren jüdischen Lebens ausmachen konnten. Damit ich diese Schmach vergessen kann, machten Bobak und ich uns zunächst auf den Weg zu einer Synagoge, die außerhalb des jüdischen Viertels und außerdem in relativer Nähe zum Stadtzentrum ist, die Kenisa-ye Davud. Nach einigem Hin und Her, ob wir reindürfen oder nicht, gestattete man uns schließlich nach einer Passkontrolle, das Gelände der Synagoge zu betreten (hilfreich war es wahrscheinlich, dass eine Vierergruppe von jungen Franzosen ebenfalls die Synagoge besichtigen wollten und man somit mehr Leute abfertigen konnte). Anscheinend war auf dem Gelände auch eine jüdische Schule angesiedelt, denn alsbald wir das Tor durchschritten haben, waren wir von einer Traube von Kindern umgeben, die unsere Namen wissen wollten und auch, ob wir denn auch jüdisch wären. Besucher kommen hier warscheinlich eher selten bis garnicht vorbei. Das ist vielleicht auch der Grund dafür, dass sie fragten, ob wir denn nicht Fotos von ihnen machen können.

Das Innere dieser Synagoge kann man als eher schlicht bezeichnen. Auf dem Gelände war zudem eine Sukka aufgestellt, in die wir ebenfalls einen Blick reinwerfen durften.

Kenisa-ye Davud Sukka

Am Freitag hieß es dann nochmal, Jubareh zu erkunden. Ohne Zeitdruck stellte sich heraus, dass ich dem Ziel beim ersten Versuch schon sehr nahe war, kurz vor Schluss aber in die falsche Richtung abgebogen bin. Nach einigem Suchen und in-Sackgassen-verloren-gehen habe ich kann aber doch jüdische Spuren finden können. Nachdem ein Gebäude sich vom Aussehen her von den umliegenden Häusern abgegrenz hat, habe ich dies näher untersucht. Und siehe da, meine ausgeprägten Kenntnisse was die Bauweise von Synagogen angeht (*hust*) und mein Instinkt lotsten mich schließlich zur Kenisa-ye Mulla Yakub. Leider stand ich vor verschlossener Tür. Da ich nach einer Umrundung des Gebäudes keinen alternativen Eingang finden konnte, entschloss ich mich, mir im nahegelegenen Park zunächst eine Pause zu gönnen und in meinem Reiseführer zu schmökern. Als sich mein Blick aus dem Buch erhob, erspähte ich über den Dächern, die vor mir waren, zwei kleine Türmchen, die denen der Yakub-Synagoge ziemlich ähnlich waren. Als ich mich gerade auf den Weg dahin machen wollte, blickte ich nochmal zum Eingang der Yakub-Synagoge, und siehe da. Auf einmal war die Tür offen und zwei Männer unterhielten sich. Also ging ich schnellen Schrittes dahin um der Sache auf den Grund zu gehen. Es stellte sich heraus, dass einer der Männer ein spanischer Fotograf war, der das jüdische Leben im Iran dokumentieren möchte. Er hat offensichtlich beherzter an die Tür geklopft. Als ich bei den beiden Männern stand, fragte ich sogleich (auf Persisch natürlich) wann denn die Synagoge offen sei. Da offenbarte sich wieder mein Problem, dass ich zwar schon viele Dinge sagen und fragen kann, die Antworten meist aber nicht verstehe. Nach einigem Wortwechseln war er schließlich bereit, uns in die Synagoge zu lassen – wenn wir ihn bezahlen. Da ich den Weg ins jüdische Viertel nicht wieder umsonst gegangen sein wollte, bezahlte ich meinen Teil, und nach einigem zögern auch der Spanier (insgesamt zahlten wir 15000 Tuman, ca. 5€) Was der nette Herr uns leider verschwiegen hat beziehungsweise ich nicht verstanden habe, ist, dass die Synagoge derzeit garnicht in Betrieb ist, da sie renoviert wird. Also führte uns der Mann, der sich als einer der beiden Bauarbeiter herausstellte, durch eine Baustelle. Ich verstand nun, warum er uns eigentlich garnicht hereinlassen wollte. Der positive Nebeneffekt war jedoch, dass man so mal einen Einblick in die Arbeit der Fließenverlegung erlangen konnte. Das klingt jetzt vielleicht unspektakulär. Das liegt dann aber vielleicht auch daran, dass ihr an europäische Ottonormal Fließen denkt. 😉 Anschließend wurden wir noch durch den Synagogenhof geführt und zum Eingang einer Grabstätte, die wir jedoch nicht betreten durften.

   Oben Hui Unten ... naja, es wird bestimmt sehr schön sein sobald sie fertig ist! Die Yakob-Synagoge von Außen

Nachdem diese Synagogentour beendet war, beschlossen der Spanier und ich, uns noch das andere Gebäude anzusehen, welches ich für eine Synagoge hielt. Und auch da sollte ich Recht behalten. Wieder standen wir vor verschlossener Tür. Doch leider wurde die nach starkem Klopfen und lauten „Hallo“-Rufen nicht geöffnet. Somit mussten wir uns mit Bildern vom Eingang der Synagoge trösten.

Die verschlossene Tür, die sich leider nicht geöffnet hat Man sieht, dass Jubareh zu den ältesten Vierteln Isfahans gehört...

Nachdem diese Synagoge abgehakt war, trennten unsere Wege und ich entschloss aufgrund eines akuten Hungergefühls und eines noch akuteren Geldmangels, den Weg in meine Wohnung anzutreten.

Am Anfang dieses Posts sprach ich von drei Religionen, die neben dem Islam per Verfassung ausgeübt werden dürfen. Judentum, Christentum und Zoroastrismus. Was es mit dem letzteren auf sich hat und wo man Spuren davon in Isfahan findet, werde ich nächstes Wochenende erkunden...