Isfahan nesf-e jahān

02Nov2016

Hallo Leute,

ich hoffe ihr hattet ein schönes verlängertes Wochenende. Meine bisherige Woche war reichlich unspektakulär. Im Sprachkurs wurde das Level nochmal ein wenig nach oben geschraubt. Es wird nicht nur weniger Englisch gesprochen, sondern auch das Sprachtempo wurde nach oben justiert. Diese pünktlich zum Beginn der Woche am Samstag vorgenommene Niveauanpassung sorgte für allerhand, über unseren Köpfen schwebenden Fragezeichen.

Ich muss gestehen dass ich die letzten Tage sehr faul war. Ich habe nicht mehr als das Nötigste gemacht und war nicht in der Stadt unterwegs. Das einzige Mal, dass ich die Wohnung verließ, war zum Einkaufen. Damit ich trotzdem hier was zum schreiben habe, dachte ich mir, erzähl ich euch doch mal etwas über die Stadt, in der ich gerade lebe. Der folgende Text wird ohne Bilder auskommen müssen. Die werde ich mit der Zeit nachreichen. Sorry 'bout that.

Isfahan

„Eine Stadt, so schön wie das Gesicht eines geliebten Menschen, in dem du alles findest was du dir wünschst. Eine Stadt, so brilliant wie die Gedanken eines Mannes, in denen sich die ganze Welt widerspiegelt.“

Isfahan (alternativ auch Esfahan) ist die Hauptstadt der Provinz Isfahan. Diese Provinz liegt im Herzen Irans und beherbergt trotz der Größe von 107000 km² nur etwa 5 Millionen Einwohner. In der Stadt Isfahan selbst leben zwischen 2,1 Millionen (offizielle Zahlen) und 3 Millionen (Einschätzung unser Lehrerinnen) Menschen. Die Stadt liegt auf 1575 Metern Höhe und hat eine durchschnittliche Luftfeuchtigkeit von 38,5% (was man auf den Lippen und in der Nase auf sehr unangenehme Weise spürt). Die Temperaturen können hier im Sommer auf bis zu 40°C steigen, im Moment liegen sie bei angenehmen 20°-25°C, in der Nacht sinken sie jedoch schon bis zum Gefrierpunkt. Das ist in dem Sinne sehr unangenehm, da die Fenster dermaßen undicht sind dass es nur so pfeift und von drei Heizungen nur die Kleinste im Bad funktioniert. Wenn man dann noch bedenkt dass ich keine dicke Decke habe sondern nur zwei ziemlich dünne, dann ist es eigentlich ein kleines Wunder das ich mich noch nicht erkältet habe. Toi Toi Toi. Aber ich will ja hier nicht meckern.

Isfahan kann auch als Stadt des Handwerks bezeichnet werden, da sie für allerhand handwerkliche Produkte berühmt ist, insbesonder für Teppiche, Kupferware, Stoffdrucke, Miniaturenmalerei, Emaille- und Holzeinlegearbeiten. Wenn man über den großen Bazar läuft und die Fülle an verschiedensten handwerklichen Erzeugnissen sieht, versteht man auch warum.

Zur Geschichte
Die Zeichen einer ersten Ansiedelung am Zayandehrud-Fluss, welcher das heute Isfahan durchfließt (wenn er denn mal Wasser führt), lassen sich bereits in achämenidischer Zeit (ca. 1000 v.Chr) finden. In der Zeit des Partherreichs und der folgenden Machtübernahme durch die Sassaniden (ca. 300 v. Chr. – 642 n. Chr.) wurde Isfahan die Provinzhauptstadt, damals noch unter dem Namen Aspandana, später Sepahan. Neben den Zarathustriern, die zahlreiche Feuertempel hier aufbauten, siedelten sich auch Juden an. Erste Zeichen reichen bis in das 6 Jh v. Chr. zurück, was vermutlich mit dem Ende des Babylonischen Exils durch die Eroberung Babylons durch den Achämeniden-König Kyros II.  zusammenhängt. Zur Sassanidenzeit wurde diese jüdische Gemeinde weiter gefördert, und auch die ersten Christen siedelten sich zur damaligen Zeit an.

Nachdem die Stadt 643 durch die Araber erobert wurden, bildeten sich zwei, heute noch existierende Stadtteile heraus. Einmal Jey (als Nachfolger des zur Achämenidenzeit gegründeten Gabae) und dem Viertel Jubareh (wo ich ja bereits unterwegs war). Durch die Lage an der Seidenstraße wurde Isfahan bekannt für Seiden- und Baumwollprodukte. Bis zum 15. Jahrhundert gehörte die Stadt zahlreichen verschiedenen Reichen an. Nach den Arabern gehörte Isfahan zu den Ummayaden und den Abbasiden, später wurde es von den Seldschuken erobert, und die Mongolen haben auch mal angeklopft.

Die Blütezeit erlebte Isfahan ohne Zweifel zur Zeit der Safawiden unter Shah Abbas dem I. Er verlegte die Hauptstadt des Safawidenreichs von Qazvin nach Isfahan und sorgte so für einen starken wirtschaftlichen Aufstieg der Stadt. Mit 600.000 Einwohnern im Jahr 1624 war Isfahan in der damaligen Zeit eine der bevölkerungsreichsten Städte der Welt. Aus dieser Zeit stammt auch das bekannte Sprichwort „Isfahan ist die Hälfte der Welt“ (Esfahan nefs-e Jahan), da die Stadt zur damaligen Zeit die wichtigste Handelsmetropole Persiens war und ausländische Händler und Gesandte zum Stadtbild gehörten. In der Zeit unter Shah Abbas wurden auch zahlreiche Bauwerke in Isfahan errichtet, die das Stadtbild bis heute prägen. Diese Ära wurde 1722 mit der Eroberung durch afghanische Stämme jedoch beendet. In späterer Zeit rückten andere Städte wie Teheran in den Vordergrund, Isfahan konnte jedoch ein wichtiger Handelsplatz bleiben.

Wichtige Wirtschaftszweige des heutigen Isfahans ist unter anderem die Nahrungsmittel, die Stahl-, Öl- und Textilindustrie. Weiterhin gibt es einige Forschungsreaktoren und eine Urananreicherungsanlage. Weiterhin ist die Stadt (welch Überraschung) eine Universitätsstadt. Die Universität Isfahan wurde 1947 gegründet. An ihr studieren ca. 16500 Studenten bei 645 Vollzeitangestellten und 1000 Teilzeitangestellten. Ca 40% der Angestellten sind Professoren und Dozenten, also ca. 658.
Die Universität umfasst 14 Fakultäten, aufgeteilt in 45 Institute: Sie deckt alle Bereiche ab, von Ingenieurswissenschaften über Jura und Wirtschaft, Medizin bis zu Geisteswissenschaften. Somit handelt es sich um eine Volluniversität. Der Campus ist einer der größten Irans, weshalb es hier auch kostenlose Busshuttles zwischen den diversen Instituten gibt.

 

Ich hoffe ihr habt jetzt nach diesem kurzen Textchen eine ungefähre Vorstellung von der Stadt, in der ich jetzt lebe. Entschuldigt meine Kreativlosigkeit. Am Wochenende machen wir eine Tour durch ein paar Städte die um Isfahan liegen. Darüber berichte ich dann beim nächsten Mal. Das wird bestimmt spannender. Und mehr Bilder wird es auch geben! ;)