Welcome to Iran

19Okt2016

Hey Leute!

Wir schreiben Mittwoch, den 19. Oktober 2016. Ich bin nun seit drei Tagen in Isfahan. Ich habe mich eingerichtet und bin doch noch nicht richtig angekommen. Aber ganz von vorne.

Wie einige von euch ja bestimmt wissen, bin ich am Sonntag von Leipzig losgeflogen und mit einem Zwischenstopp in Istanbul in Isfahan um 5.45 Uhr gelandet. Der Flug war relativ unspektakulär, daher möchte ich nicht weiter groß darüber schreiben. Für die Flugzeugenthusiasten unter euch: Es war einmal ein Airbus A321-200 und ein Airbus A320-200. Hab ich mich damit geoutet? Ups.

Ich muss gestehen, dass meine Erwartungen an den Flughafen Isfahan nicht groß waren. Was allerdings geboten wurde, hat diese Erwartungen noch untertroffen. Es war ein ziemlicher Provinzflughafen. Die Abfertigungshalle war in etwa so groß wie die Niederlausitzhalle (sorry an dieser Stelle, dass dieser Größenvergleich den meisten von euch wohl nichts bringt – größer als eine reguläre Sporthalle, aber auch nicht so viel ;) ). Man ging durch eine kleine Tür in den Hangar und man war direkt an der Passkontrolle. Diese habe ich ohne Probleme passieren können und gleich mit dem ersten Persisch (eher schlecht als recht) glänzen können. Dann holte ich mein Gepäck von dem einzigen Gepäckausgabeband und musste es prompt durch einen Scanner schicken, mit dem untersucht wurde, dass auch ja keine illegalen Dinge (insbesondere Alkohol und Schweinefleisch) eingeführt wurden. Nachdem ich auch diesen Test mit Bravur geschafft habe, hoffte ich auf eine Möglichkeit, ein wenig Geld für die Taxifahrt nach Isfahan wechseln zu können. Nachdem ich allerdings durch den Scanner gelaufen bin, meinen Rucksack aufgesetzt habe und den Menschen aus meinem Flug gefolgt bin, war ich bereits wieder aus dem Gebäude raus. So schnell ging das. Ich war ein wenig verwirrt, da ich es noch nie mit so einem kleinen Flughafen zu tun hatte. Also sammelte ich mich kurz, und beschloss Plan B in die Tat umzusehen. Die aus dem Flughafen kommenden Leute, die nicht von Verwandten abgeholt wurden, benötigten ein Taxi. So wie ich. Also lief ich wie der Rest der Leute zu einer Gruppe von Taxifahrern. Die verschiedenen Gruppen wurden dabei von einem „Obertaxifahrer“ (?) auf die verschiedenen Taxis aufgeteilt. Also ich signalisierte, dass ich ebenfalls ein Taxi bräuchte, gab der Dirigent kurzerhand seinen Job auf und bat mich in sein Taxi. Meine Anmerkung, dass ich nur Dollar hätte, winkte er mit einem „no problem“ ab. Also ab ins Taxi und los geht die Fahrt. 25 Minuten nachdem ich das Flugzeug verlassen habe. Neuer Rekord.

Im Taxi sitzend wurde ich sogleich mit einer weiteren Besonderheit konfrontiert. Dem iraninschen Straßenverkehr. Einmal las ich, dass die Iraner das freundlichste Volk der Welt sind, aber sobald sie in ein Auto steigen, lassen sie all ihre Manieren und ihr Freundlichkeit fallen. Dies hat die Taxifahrt bestätigt. Man muss nicht davon schreiben, welche Regeln iranische Autofahrer beachten respektive nicht beachten. Denn hier scheint es offensichtlich kein Regeln zu geben. Ob dieses System funktioniert, insbesondere wenn man sich die Statistik der jährlichen Verkehrstoten anschaut, muss sich jeder selbst fragen. Nichts desto trotz schaffte mein Taxifahrer es, mich ohne weitere Komplikationen und einer relativ geringen Benutzung der Hupe sicher zum Mehmansara, dem Guesthouse der University of Isfahan zu bringen. Ich bedankte mich, wusste jedoch nicht wieviel er haben wollte. Also zückte ich etwas verunsichert die erste 5$ Note, dann die Zweite und die Dritte. Die Vierte lehnte er ab. Fair enough.

Zu meiner Erleichterung wurde ich an der Rezeption sofort mit meinem Namen begrüßt. Etwaige Sorgen, dass mein Ankunftsdatum nicht durchgesickert ist, lösten sich im nichts auf. Es folgte ein Check-In Prozess mit vielen persischen Worten des Rezeptionisten und vielen fragenden Blicken und nervösem Nicken meinerseits. Nach einigen erfolglosen Telefonaten mit dem International Office der Uni Isfahan gab er mir schließlich meinen Schlüssel und bat mich, ihm nach draußen zu folgen. Dort hielt er ein Auto an, wechselte ein paar Worte mit dem Fahrer und sagte, ich solle einsteigen. Diese Situation half meiner Verunsicherungen nicht besonders zu verfliegen, jedoch wähnte ich mich selbstverständlich nicht in Gefahr und stieg ein. Es folgte eine kurze Taxifahrt mit viel Gerede meines Fahrers und vielem Lächeln und nicken und „Baleh“ (=Ja) sagen meinerseits. Unter diesen vielen Erzählungen des Fahrers waren auch sehr nützliche Informationen. Leider musste ich das erst im Nachhinein herausfinden. Schließlich setzte er mich vor einem Wohnhaus ab und sagte mir, dass ich hier wohne. Also stieg ich aus, nahm mein Zeug und wollte gehen, als er sein Fenster runterkurbelte und ein Wort sagte, welches ich sofort verstand: „Pul“ - Geld. Erfreut über ein verstandenes Wort und doch überrascht, dass er für diesen Service Geld wollte, gab ich ihm 50000 Rial. Später fand ich heraus, dass es umgerechnet etwa 1,20€ sind. Das schien mir ok. Und das mit dem Geld ist sowieso eine andere Sache. Aber dazu später mehr…

  Mein Block

Also stand ich in meinem Haus. Nach einigem Zögern, welches nun meine Wohnung ist, entschloss ich, die einzige Zahl, die auf dem Gekritzel des Schlüsselanhängers stand, als Apartmenttür zu probieren. Und siehe da, der Schlüssel passte. Ich trat ein und war erstmal ziemlich baff, denn das, was ich sah, habe ich nicht wirklich erwartet. Ich bin stets davon ausgegangen dass ich ein Zimmer in dem Guesthouse kriege. Allerdings habe ich eine ganze Wohnung bekommen, die ich mir bis jetzt mit niemanden teilen muss. Meine Wohnung umfasst zwei Bäder, eine große Wohnküche, einen Balkon (da ich im 4. Stock wohne mit einem fantastischen Ausblick auf Isfahan) und einem Schlafzimmer mit zwei Betten, die ich prompt zusammengeschoben hat. Die Zeiten eines Einzelbetts sind für mich vorbei.


Nachdem die erste Bewunderung vorbei war, folgte sogleich wieder die Ungewissheit. Wie geht’s jetzt weiter? Werde ich von jemaden abholt? Muss ich irgendwo hingehen? Schlafe ich erstmal eine Runde? Und wo ist überhaupt was? Gott sei Dank hatte ich eine (verkehrtherum) hängende Karte in meinem Zimmer, die als gleich fotografiert wurde und als mein offline GPS diente. Ich entschloss mich, proaktiv zu sein und nochmals die Rezeption aufzusuchen um das weitere Vorgehen zu klären. Also machte ich mich mit meiner Karte im Gepäck zur großen Wanderschaft auf, die in einer einstündigen Verirrung auf dem Gelände der Uni endete. Zumindest dachte ich, dass ich in der Uni bin. Denn nachdem ich meinen Stolz überwunden habe und nach dem Weg gefragt hatte, stellte sich heraus, dass ich gar nicht auf dem Gelände der Uni Isfahan war sondern auf dem Gelände einer Art Hochschule etc., die auf dem Gelände der Uni gelegen war. Oder auch nicht. Jedenfalls erklärt dies, warum alle Wege, die ich vermeintlich dachte zu laufen, an einer hohen Mauer endeten. Nachdem mich schließlich ein Wachmann auf meinen Irrweg aufmerksam machte, lief ich den ganzen Weg zurück und entschloss mich, den Weg zurück zu gehen, auf dem mich der Autofahrer vom Mehmansera mitgenommen hat. Dies sollte sich als eine gute Idee herausstellen, denn zum ersten Mal konnte ich aufgrund meiner Karte sagen, dass ich mich auf dem Gelände der Uni (die übrigens RIESIG ist, ich glaube das sollte hier zu meiner Verteidigung mal gesagt werden) befinde. So lief ich, und lief, und lief, und nachdem ich am International Office vorbeigelaufen bin, entschloss ich mich, einer Notiz auf der Karte zu vertrauen und drehte um. Und siehe da, die schwerleserliche, verblasste Handschrift auf meiner Karte hatte tatsächlich das IO markiert. Ein wenig mehr Vertrauen hätte mir 1,5h umherirren gespart. Wieder was für’s Leben gelernt.

So betrat ich die Räume des International Offices‘ und wurde von einer netten Dame angesprochen, die sich als Mrs. Zarei, meiner Kontaktperson über die mein Bewerbungsprozess abgelaufen ist, vorstellte. Nach einer kurzen Einführung und Aufklärung über das weitere Vorgehen wurde ich vor die Entscheidung gestellt ob ich gleich am selben Tag mit dem Sprachkurs anfangen möchte oder ob ich mich ausruhen möchte. Mit einem kurzen Lachen und einem netten Lächeln lehnte ich das Angebot des sofortigen Anfanges ab und bevorzugte es, mich aufs Ohr zu hauen, da ich während des Fluges kaum geschlafen habe und somit ziemlich fertig war. Also lief ich den ganzen Weg, was etwa eine viertel Stunde dauert, zurück und haute mich sofort aufs Ohr.

Nach vier Stunden Schlaf klingelte mein Wecker und ich stellt fest, dass noch etwas produktives aus diesem Tag kommen muss. Daher fing ich an meine Wohnung zu erkunden und stellte mich leichter Enttäuschung fest, dass sämtliche Schränke bis auf wenige Ausnahmen leer waren. Somit lebe ich von drei Tellern, einer Pfanne, einem Teesamowar, 4 Gabeln, zwei Messern, zwei Löffeln, einem Schneidebrett und einem Pfannenwender. Weiterhin habe ich selbstverständlich noch einen Koran gefunden, der im Schrank des Wohnzimmers lag. Ich denke, dass ich da wohl noch ein paar Anfragen an meinen Hausmeister bzw an das International Office stellen muss. Die gute Seite ist, dass ich für meinen Kram umso mehr Platz habe.

Um mich vor der akuten Gefahr des Verhungerns zu bewahren entschloss ich mich erneut auf die Fersen zu machen und ein paar Dinge einzukaufen um mir ein schnelles Mahl zu zaubern. Da ich keine Ahnung von den Preisen hatte, entschied ich mich bescheiden zu bleiben und entschied mich für Spaghetti mit Tomatensauce. Für den Geschmack gab es einen Würfel Rinderbrühe. Zuhause angekommen, kochte ich sogleich drauf los und stellte fest, dass die Dose, die ich für Tomatenstücke hielt, in Wirklichkeit Tomatenmark war. Unbeirrt zählte ich eins und eins zusammen und bekam trotzdem etwas zusammen, was mich vor dem Hungertod bewahrt hatte. Die Portion wurde sogar so groß, dass ich für den nächsten Tag noch was übrig hatte.

Deliziös

Nachdem ich nun meine Wohnung so gut es geht eingeräumt und arrangiert hatte, stellte sich die Frage: Und nun? Hier stellte sich das Geschenk meiner Senftenberger Freunde als sehr nützlich heraus: Eine Festplatte voller Filme. Da ich mein Tagessoll erfüllt gesehen habe, entschloss ich mich in den bequemeren Teil des Tages überzugehen…

Das war also der erste Tag. Ich hätte dazu noch viel mehr schreiben können, aber ich möchte es beim ersten dabei belassen. Es ist ja ein Blog, und kein Roman.

Viele Grüße von meinem Balkon.

Peter