Zwei Tage in Yazd und Umgebung

03Dez2016

Hallo Leute,

aufgrund eines Feiertages (Martyrium des achten Imams Ali ibn Musa Reza) hatte ich mal wieder ein verlängertes Wochenende, was ich nutzte um mit meiner IKRG (Interkulturelle Reisegruppe) für zwei Tage nach Yazd zu fahren. Yazd ist die Hauptstadt der gleichnamigen Provinz, liegt mit seinen etwa 500.000 Einwohnern auf 1200 Metern Höhe und ist eine geschichtsträchtige Wüstengroßstadt mit einem markantem Stadtbild, welches hauptsächlich durch Windtürme und Kuppeln geprägt ist.

Ein Blick auf Yazd

Zunächst noch ein wenig historisches zur Stadt. Ein genauer Zeitpunkt der Stadtgründung ist schwer zu beschreiben, der Legende nach wurde die Stadt von Alexander dem Großen gegründet. Die Stadt ist umgeben von zahlreichen Karawansareien. Durch diese günstige Lage wurde Yazd als Knotenpunkt sehr reich und konnte Zerstörungen durch diverse Dynastien weitestgehend vermeiden. Viel mehr wurde sie unter anderem Hauptstadt der muzzafaridischen Dynastie (ab 1319) und erhielt dadurch zahlreiche Sehenswürdigkeiten innerhalb und außerhalb der Stadt. Gemäß der Volkszählung von 2011 gibt es in Yazd mit 3500 Mitgliedern die zweitgrößte Zarathustrische Gemeinde des Iran. Es gibt zahlreiche Hinweise in der Stadt auf die lange Geschichte dieser Religion in Yazd.

Viele Gründe also, die 4 stündige Busfahrt auf uns zu nehmen und uns die Stadt anzugucken. Eigentlich plante ich schon vor 3 Wochen nach Yazd zu fahren, daraus wurde dann jedoch der Urlaub in Gorgar. Daher startete ich nun 2 Tage vor Abreise einen neuen Versuch, und nachdem ich eigentlich plante alleine zu fahren, wurden dann doch 3 Leute daraus. Wichtig war für mich, dass ich diesmal die Möglichkeit des Couchsurfens nutze, weshalb wir uns vorher kein Hotel raussuchten.
Am Mittwoch ging es daher mehr oder weniger pünktlich um kurz vor Neun los, und nachdem wir nach 10 Minuten am Busterminal ankamen, buchten wir einen VIP-Bus nach Yazd für 5€ und hatten großes Glück, denn der Bus fuhr genau 5 Minuten nach unser spontanen Buchung beim erstbesten Anbieter los. „Highlight“ der Busfahrt war eine Polizeikontrolle. Höchstwahrscheinlich aufgrund unseres ausländischen Aussehens wurden wir und ein weiterer Ausländer aufgefordert, den Bus zu verlassen, wahrscheinlich aus dem Grund dass wir keine richtigen Pässe hatten sondern nur unsere Kopien. Also mussten wir einige Fragen beantworten, die meisten waren keine Probleme, da unsere Studentenausweise unsere Position unterstrichen. Also jedoch die Frage nach unserem Hotel in Yazd kam, wurde es kniffelig. Meine Antwort, dass wir noch kein Hotel hätten sondern uns vor Ort nach dem günstigesten Hotel erkundigen würden, wollte der Polizist partout nicht verstehen. Unglücklicherweise kam hinzu, das Yu erwähnte, dass wir bei einem iranischen Freund über Couchsurfing schlafen wollen. Just als er dieses sagte sank mein Herz in die Hose und ich musste schnellstens beschwichtigen dass das ja garnicht stimmt weil unser CS-Kontakt noch garnicht richtig sagen konnte ob er uns aufnehmen kann, da er noch andere Gäste hätte und sowieso steht wie gesagt noch garnichts fest. Glücklicherweise haben die Polizisten unser Persisch nicht ganz verstanden oder Couchsurfing hat ihnen einfach nichts gesagt, aber nach 5 Minuten ausfragen, rumstammeln, nachhaken und noch mehr rumstammeln ergriff der Ältere der beiden Polizisten die Initiative und forderte den Jüngeren auf, uns unsere Papiere zurückzugeben und er wünschte uns einen guten Tag, und so konnten wir gehen und ich musste Yu erstmal über die rechtliche Lage von Couchsurfing aufklären, bei der ich mir bis dahin jedoch auch nicht 100%ig sicher war, da ich recht widersprüchliche Dinge darüber gelesen habe.

Wenig später erreichten wir Yazd, wurden dort am Busbahnhof von unserem Host abgeholt und gönnten uns erstmal eine Portion Kebab nach dieser Busfahrt. Währenddessen klärten wir ein paar Dinge mit unserem Host und starteten danach sogleich in die Sightseeing-Tour.

Erste Station waren dabei zwei Schweigetürme und Häuserruinen außerhalb der Stadt. Laut zarathrustrischen Glaubens müssen die vier Elemente Wasser, Wind, Erde und Feuer rein gehalten werden. In diesen Schweigetürmen wurden deshalb die Verstorbenen ausgesetzt, sodass sie von Assfressern verzehrt wurden so dass nur noch die Knochen übrig blieben. Diese Knochen wurden dann in ein Loch in der Mitte des Turmes gesammelt. Sowohl aus hygenischen Gründen als auch aufgrund des Stadtwachstums (die Türme liegen mittlerweile am direkten Stadtrand) wurde diese Methode der Beerdigung seit den 1960er Jahren eingestellt. Die Häuser, die am Fuße der Hügel liegen, wurden unter anderem für die Reinigung der Verstorbenen und als Orte für Trauerzeremonien genutzt.

Die beiden Schweigetürme Loch zum Sammeln der Knochen. Übrigens: Mit der Person im Hintergrund führte ich nach dem Foto ein interessantes Gespräch über persönliche Freiheit im Iran. Er war eine der Persönlichkeiten, die man so offen auftretend im Iran nicht erwartet hätte. Ruinen am Fuße der Türme


Weiter ging es ins Zentrum der Stadt. Dort besichtigten wir die Jame-Moschee. Das heutige Erscheinungsbild dieser Moschee stammt aus verschiedenen Epochen. Die ursprüngliche Moschee wurde an der Stelle eines ehemaligen Feuertempels und einer seldschukischen Moschee zwischen 1324 - 1327 errichtet. Diese bestand aus dem Kuppelsaal und den seitlichen Gebetshallen. 50 Jahre später wurde dann auch der beeindruckende Eingangsiwan fertiggestellt. Er besitzt ein prachvolles Fließendekor, dessen Gestaltung jedoch bis ins Jahr 1430 andauerte. Zu guter letzt wurden zwischen 1523 und 1577 noch die beiden Minarette drauf gesetzt, wodurch eine Gesamthöhe von 48 Metern erzielt wurde. Die blau-türkise Gestaltung des Iwans setzt sich im Innern der Hauptkuppel fort. Zahlreiche florale, geometrische und kalligraphische Fliesenmosaike schmücken die Moschee und wirken sowohl bei Nacht als auch am Tag beeindruckend.

Jame-Moschee Innenansicht der Hauptkuppel

Anschließend fuhren wir zum Maidan-e Amir Chaqmaq. Dieser Platz wurde im 19. Jh. errichtet und auf ihm steht ein 65 Meter breiter, dreistöckiger Arkadenbau.  Dieser Dient als Tribüne für die Passionsspiele, welche im Monat Muharram stattfinden. Bei diesen Passionsspielen wird das Leben und der Tod Imam Hussains, welcher ein Enkel des Propheten Mohammads war, dargestellt. Dieser starb bei der Schlacht um Kerbala, was als entgültige Trennung zwischen Sunniten und Schiiten zählt.
Markant für diese Festspiele ist neben der Selbstgeißelung ein riesiges Holzgerüst, welches mit schwarzen Tüchern bespannt wird und auf den Schultern der Trauernden getragen wird.

Maidan-e Amir Chaqmaq

Nächste Station war ein Zurkhaneh (Haus der Stärke). Dabei handelt es sich um einen Ort, in dem traditionelle Kampfsport-Übungen abgehalten werden. Während auf einer Zarb (Trommel) ein Takt vorgegeben wird, zitiert der Morshed (Meister) während seines Trommelns das Shahnameh, Hafiz-Gedichte oder religiöse Texte. In einer abgesenkten, achteckigen Arena führen die mit verzierten Hosen bekleideten Teilnehmer dazu verschiedene Übungen, teilweise mit der Hilfe von Holzkeulen, Schilden oder eisernen Bögen. Dazwischen finden Auflockerungsübungen statt oder man dreht sich einfach nur im Kreis. Sehr interessant anzusehen.

Zurkhoneh

Ermüdet von der Busfahrt und den vielen Eindrücken machten wir uns erstmal zum Haus eines Freundes unseres Hosts auf, wo wir ein leckeres Abendbrot genossen, im Divan vom persischen Dichter Hafez lasen, allerhand über Politik, Sprache und Kultur redeten und den nächsten Tag planten, was aufgrund diverser Kommunikationsprobleme mehrere Stunden gedauert hatte. Am Schluss konnten wir uns jedoch einigen und legten uns schlafen.

Für Donnerstag war für den Vormittag ein Trip in die Umgebung geplant. So besichtigten wir die Zeyn od-Din- Karawanserei, die insofern besonders war, dass sie einen runden Grundriss hatte. Die Außenmauer wurde durch 5 Bastionen verstärkt. Vor 15 Jahren wurde sie für 175.000€ renoviert und ein Hotel darin errichtet, was jedoch komplett leer war als wir da waren. Für 40€ pro Nacht kann man dort in kleinen Abteilen im Inneren der Karawanserei schlafen.

Innenhof der Karawansarei Laut Hotel sind dies Räume. Ich nenne es eher Kojen. :) Der obligatorische, abgestorbene Baum in der Mitte der Wüste. Auf dem Dach

Nach einer Tasse Tee fuhren wir weiter nach Saryazd. Dort gibt es gut erhaltene, teilweise restaurierte Festungsanlage aus Sassanidischer Zeit. Diese Anlage war etwa 50x50 Meter groß und hatte im Inneren eine riesige Anzahl kleiner Räume, in denen früher die Menschen lebten. Das ganze war wie ein Labyrinth, und wenn an abseits der ausgewiesenen Pfade gegangen wäre, hätte man aufpassen müssen sich nicht zu verlaufen. Ein wenig erinnerte mich die Anlage an die Häuser auf dem Wüstenplaneten Tattoine (für die Star Wars Fans unter euch ;) ).

wie eine riesige Kleckerburg Durch diese Öffnung konnten ungebetene Gäste eine heiße Öldusche genießen.

Als letzte Stadtion des Trips stand Fahraj auf der Liste. Dort besichtigten wir die Altstadt, in der unter anderem eine der ältesten erhaltenen Moscheen des Irans steht. Diese wurde irgendwann zwischen dem 7. und 9. Jh. gebaut und besitzt nur einen kleinen Innenhof mit einem stillgelegten Becken, nicht jedoch die typischen Iwane oder irgendeine besondere Art der Verzierung. Der Rest der Stadt war ganz nett, jedoch nicht groß anders als Yazd selbst. Ein Highlight war jedoch noch eine Festungsanlage wie in Saryazd. Diese war jedoch nicht restauriert (wahrscheinlich eher einsturzgefährdet). Somit konnte man ganz ungestört über die zugemüllten, jahrhunderte alten Ruinen der Anlage klettern. Auch hier musste man aufpassen, dass man sich nicht verläuft.

Die Jame Moschee von Fahraj Die nicht-so-gut erhaltene Festungsanlage   ein kurzweiliger Spielplatz wo geht es hier wohl hin?

Nach diesem Ausflug ging es zurück nach Yazd, wo wir uns nochmals die Altstadt, diesmal jedoch am Tag anschauten. Eine Station, die wir am Vortag nicht geschafft hatte, war der zarathustrische Feuertempel. Dieser wurde 1934 errichtet, ist also relativ neu. Dieser Feuertempel dient der zarathustrischen Gemeinde als Ort für Gottesdienste. Das Highlight dieses Tempels ist das heilige Feuer, was bereits seit 2500 Jahren am Brennen gehalten werden soll.

  Die Jame-Moschee von Yazd aus der Ferne ... ... und der Nähe. Ein weiterer Schauplatz für die Passionsspiele. Rechts sieht man eine kleinere Version der Nakhl, ein Holzgerüst, welches von den Trauernden getragen wird.   eine Tür mit zwei Klingeln: Links für Männer und Rechts für Frauen

Danach ging es dann früher als geplant zurück zum Busbahnhof und um Mitternacht erreichten wir Isfahan, in dem es ordentlich geregnet zu haben scheint, da der Boden nass und die Luft ziemlich nebelig war.

Alles in allem war es ein sehr schöner Urlaub, auch wenn die Couchsurfing-Erfahrung leider nicht so gelaufen ist wie ich es mir erhofft habe. Zwar hatten wir ziemlich interessante Gespräche über Politik und insbesondere über den Islam, aber letztendlich ging es ihm auch darum, mit Couchsurfing Geld zu verdienen, was wir am Ende des Donnerstages spüren mussten und was meiner Meinung nach im Widerspruch zu der Idee Couchsurfing steht. Nach erfolgloser Verhandlung über die Preise der „Tour“ verließ ich Yazd daher ein wenig enttäuscht und verärgert, auch wenn dies teilweise meine eigene Schuld ist.

Somit muss ich den Rest des Dezembers recht sparsam leben, auch wenn schon wieder überlegt wird, wohin der nächste Trip gehen soll, da nächstes Wochenende schon wieder ein verlängertes Wochenende ist.

Man könnte meinen ich mache hier Urlaub…. 🙂